Wahlen werden ausgezählt, niemals aber ausgeglichen

Am 27. September 2021, um 6 Uhr vormittags, verkündete der Bundeswahlleiter das vorläufige amtliche Wahlergebnis und sorgte für eine Überraschung. Die Regelzahl der Mitglieder des Parlaments auf 735 angestiegen. Der neu gewählte Bundestag ist also noch größer als der alte mit nur 709 Abgeordneten. Die Wahlrechtsreform v. Oktober 2020 hat damit ihr Ziel verfehlt. Die Mitgliederzahl ist nicht gesunken, sondern trotz Reform noch einmal kräftig auf einen neuen Rekord angestiegen. Das neue Wahlgesetz hat sich als wirkungslos erwiesen. Diese Sensation fiel in der Wahlberichterstattung jedoch vollkommen unter den Tisch.

Ein besonderes Augenmerk richtet sich auf die CSU. Sie tritt außerhalb Bayerns bekanntlich nicht zur Wahl an. Als Regionalpartei hat sie in 45 von insgesamt 46 bayerischen Wahlkreisen mit den Erststimmen den Sieg davongetragen. Mit den Zweitstimmen erlangte die CSU aber nur 34 Listenplätze. Aus dieser Unterzahl an Listenplätzen ergeben sich 11 sog. Überhangmandate. Sie werden durch Zusatzsitze bei den Listenplätzen auf Bundesebene ausgeglichen werden. Davon bleiben nach neuem Recht 3 Überhänge verschont. Die innere Logik dieses Verfahrens ist nur schwer oder gar nicht zu durchschauen.

Ganz anders als Überhangmandate sind Ausgleichssitze nachgeschobene Zusatzsitze, die über den Kopf der Wähler hinweg bundesweit an diejenigen Parteien verteilt werden, die bei den Erststimmen schlecht abgeschnitten haben oder gar kein Direktmandat erringen konnten. Sie bekommen trotzdem einen Bonus. Verfassungsrechtlich ist das hochumstritten. Vor der Wahl von 2013 gab es im Bund keine Ausgleichsmandate. Ein Verfassungsgebot, dass Überhäng auszugleichen sind, ist dem Grundgesetz fremd und wurden überhaupt erst 2013in das Wahlgesetz eingeführt

Als vorläufiges amtliches Endergebnis lässt sich festhalten: Der neu gewählte Bundestrag besteht aus 735 Abgeordneten. Insgesamt entstanden 11 Überhänge, alle bei der CSU, alle im Freistaat Bayern. Die 11 Überhänge sind in den 299 Direktmandaten enthalten. Ihre Zahl nimmt durch die Verfahrensweise weder zu noch ab. Nach neuem Recht sind außerdem 3 Überhänge vom Ausgleich ausgenommen. Den verbleibenden 8 bayerischen Überhängen stehen 126 Ausgleichsmandate gegenüber, die an Parteien außerhalb Bayerns verteilt werden. – Man glaubt es nicht, aber der Ausgleich übersteigt den Überhang um mehr als das 15fache!

Seit der Wahl von 2017 gewinnt jedoch die Auffassung an Boden, der Bundestag sei mit damals schon 709 Mitgliedern vollkommen überfüllt. Damals gab es 46 Überhänge und 65 Ausgleichsmandate. Heute sind es 11 Überhänge und 126 Ausgleichsmandate. Mit der Wahl von 2021 hat jetzt gezeigt, der Versammlungsraum ist zu klein. Der Bundestag kann sich bei insgesamt 735 Abgeordneten nicht mehr im Plenarsaal konstituieren. Der Wahlgesetzgeber hat sich vor den Augen aller gründlich blamiert. Das Bundeswahlrecht kann nicht so bleiben wie es ist. Es muss ein Wahlrecht geschaffen werden, das ohne Überhänge und vor allem ohne Ausgleichsmandate auskommt. Das geschieht aber nicht.

Niemand ist befugt, das Wahlergebnis über den Kopf der Wähler hinweg nachträglich auszugleichen. Wer das Wahlergebnis verändert, verbessert oder ausgleicht, der verfälscht es auch. Wahlen werden ausgezählt, niemals aber ausgeglichen.

Am 27. September 2021, gegen 6 Uhr am frühen Montagmorgen, verkündete der Bundeswahlleiter das vorläufige amtliche Wahlergebnis: Die Regelzahl der 598 Mitglieder des Parlaments sei auf 735 gestiegen. Der neu gewählte Bundestag ist also wider Erwarten noch größer als der alte mit 709 Abgeordneten. Die Wahlrechtsreform v. Oktober 2020 hat damit ihr Ziel verfehlt. Die Mitgliederzahl ist nicht gesunken, sondern – trotz Reform! – noch einmal bei 11 Überhänge um 126 Ausgleichsmandate kräftig auf einen neuen Rekord angestiegen. Das neue Wahlgesetz hat sich als wirkungslos erwiesen. Diese Sensation fiel in der gesamten Wahlberichterstattung unter den Tisch. So festigte sich der grundfalsche Eindruck, es sei alles in Ordnung und man könne weitermachen wie bisher. Dem ist aber nicht so.

Besonderes Augenmerk richtet sich auf die CSU. Sie tritt bekanntlich außerhalb Bayerns nicht zur Wahl an. Als Regionalpartei hat sie in 45 von insgesamt 46 bayerischen Wahlkreisen bei den Erststimmen den Sieg davongetragen. Mit den Zweitstimmen erlangte die CSU im Freistaat aber nur 34 Listenplätze. Aus dieser Unterzahl an Listenplätzen ergeben sich bei den Direktmandaten 11 sog. Überhänge, die bundesweit durch 126 Zusatzsitze bei den Listenplätzen aufgestockt und ausgeglichen werden. Die CSU tritt aber gar nicht im Bund an. Außerhalb Bayerns kann es daher gar keine Überhänge geben, die wegen der CSU auszugleichen wären. Nach neuem Recht bleiben außerdem 3 der 11 bayerischen Überhänge vom Ausgleich verschont.

Die innere Logik dieses Verfahrens ist nur schwer oder gar nicht zu durchschauen. Überhänge sind jedenfalls keine konkreten Direktmandate, und schon gar nicht sind es irgendwelche direkt gewählten Abgeordneten, denen ihr Mandat in Wahrheit gar nicht zustünde. Denn ihre Zahl bleibt konstant und nimmst durch dasVerfahren weder zu noch ab. Überhänge sind also gar keine Mandate, sondern ein Abstand, eine Abweichung, also eine Differenz. Niemand kann daraus ableiten, dass andere Landesparteien, die weniger oder gar keine Direktmandate erlangt haben, bei den Listenplätzen mit einem Bonusmandat bedacht werden müssen.

Als vorläufiges amtliches Endergebnis lässt sich festhalten: Im neu gewählte Bundestag gibt es 735 Abgeordnete – ein Rekord. Insgesamt entstanden nur 11 Überhänge, alle bei der CSU, alle im Freistaat Bayern. Nach neuem Recht sind 3 Überhänge vom Ausgleich ausgenommen. Den verbleibenden 8 bayerischen Überhängen stehen 126 Ausgleichsmandate gegenüber, die an Parteien außerhalb Bayerns verteilt werden. Schwer zu glauben, aber der Ausgleich übersteigt den Überhang um mehr als das 15fache.

Mehr als das 15fache

Anders als Überhangmandate sind Ausgleichssitze nachgeschobene Zusatzsitze, die über den Kopf der Wähler hinweg bundesweit an diejenigen Parteien verteilt werden, die bei den Erststimmen schlecht abgeschnitten haben oder gar kein Direktmandat erringen konnten. Sie bekommen dafür einen Bonus. Verfassungsrechtlich ist dieser nachträgliche Eingriff in das Wahlergebnis hochumstritten. Vor der Wahl von 2013 gab es im Bund noch gar keine Ausgleichsmandate. Ein Verfassungsgebot, dass Überhäng auszugleichen sind, ist dem Grundgesetz fremd. Seit der Wahl von 2013 gewinnt die Auffassung an Boden, der Bundestag sei mit damals noch 709 Mitgliedern vollkommen überfüllt. Mit der Wahl von 2021 hat sich gezeigt, dass er sich mit 735 Abgeordneten nicht mehr im Plenarsaal konstituieren kann. Ein weltweites Unikum. Denn dazu ist der Saal einfach zu klein. Der Wahlgesetzgeber hat sich vor den Augen aller „bis auf die Knochen“ blamiert. Das Bundeswahlrecht kann nicht so bleiben wie es ist.

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