„Landtags-Quahl“ in NRW – eine Glosse

Karneval zum Muttertag

Hurra! Hurra! Das Wahlergebnis, das ist da. Die besondere Ironie der Landtagswahl in Norrhein-Westfalen ist es, dass die Landesmutter, Hannelore Kraft, ausgerechnet am Muttertag von den Landeskindern abgewählt wurde um einen Landesvater, Armin Laschet, in Amt und Würden zu bringen. Aber stimmt das überhaupt? Ist sie tatsächlich abgewählt worden?

Die SPD erreichte 31,2 Prozent und die CDU 33,0 Prozent der gültig abgegebenen Zweitstimmen. Wen auch immer Medien und Presse als „eindeutigen“ Wahlsieger bejubeln, soviel ist gewiss: nie­mand ist mit einem knappen Drittel der Zweitstimmen ein Wahlverlierer und mit genau einem Drittel ein Wahlsieger. Denn in der Verhältniswahl gibt es überhaupt keine Sieger und keine Verlierer. Doch die Verhältniswahl heißt nur so. Denn die Parteien ziehen wegen der Sperrklausel eben gerade nicht im Verhältnis ihrer Anteile an den Zweitstimmen in das Parlament ein.

Die CDU erlangte mit 33,0 % der Zweitstimmen 36,2 % der Sitze im Landtag. Die SPD erzielte 31,2 % der Zweitstimmen und kam auf 34,7 % der Mandate. Die Grünen holten mit 6,4 %  der Stimmen 7,1 % der Mandate. Die FDP erzielte mit einem Anteil von 12,6 % der Stimmen 14,1 % der Plätze im Landtag. Auch die AfD kam nur auf 7,4 % der Zweitstimmen und ging mit 8,0 % der Mandate aus dem Rennen. Ungefähr jeder zehnte Abgeordnete sitzt, verteilt auf die verschiedenen Parteien, also auf einem Platz, den die Wähler einer anderen, an der Sperrklausel gescheiterten Partei zukommen lassen wollten. Dieser Sperrklausel-Zugewinn fällt den privilegierten Parlamentsparteien in den Schoß, ohne dass sie die dafür erforderlichen Wählerstimmen errungen haben. Vgl das vorläufige amtliche Endergebnis.

Die Erststimmen gaben den Ausschlag

Vor fünf Jahren hatte die SPD noch 99 Direktmandate errungen, konnte bei der Landtagswahl am 15. Mai 2012 aber nur 76 Listenplätze erzielen. Es entstanden also 23 Überhänge, Sie wurden damals aus­geglichen, aber nicht durch 23, sondern durch 33 Ausgleichsmandate. Die „Muttertags-Wahl“ am 14. Mai 2017 wurde zum Vatertag. Die CDU erlangte unter Armin Laschet in 72 Wahlkreisen den Sieg, konnte aber nur 66 Listenplätze gewinnen. Die Erststimmen gaben also den Ausschlag.

Die mit den Zweitstimmen gewonnenen 66 Listenplätze kamen nicht zum Zuge. Die CDU wäre auch dann mit 72 Wahlkreis-Siegern in den Landtag eingezogen, wenn sie keine einzige Zweitstimme er­halten hätte. Stellt man die Gewinne und Verluste in den Wahlkreisen einander gegenüber, dann muss­te die SPD an die CDU 43 Direktmandate abgegeben, hat also in mehr als einem Drittel aller 128 Wahlkreise Federn gelassen – ein politisches Desaster.

In NRW entstanden 199 Mandate. Im Landtag gibt aber nur 181 Sitze und zu allen Überfluss auch nur 128 Wahlkreise. Es kam zu 6 Überhänge, alle bei der CDU. Sie wurden ausgeglichen, aber nicht durch 6, sondern durch 12 Ausgleichsmandate. Hier passt also gar nichts mehr zusammen, und man gewinnt den Eindruck, das Wahlgesetz des Landes sei an einem Muttertag auf einer Düsseldorfer Karnevals­sitzung entstanden.

 

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