Rechnen, ob es reicht

Ist das neue Gesetz zur Änderung des Bundeswahlrechts noch zu halten?

Wenn am Sonntag gar nicht gewählt wird, haben Sonntagsfragen nur wenig Gewicht. Denn der Wahrheitsbeweis kann nicht erbracht werden. Falls am Sonntag des 21.3.2021 ein neuer Bundestag gewählt worden wäre, hätte nach einer Meinungsumfrage von „infratest-dimap“ die CDU jedoch einen Zweitstimmenanteil von nur mehr 29 Prozent erreicht. Die Partei droht also von einer Volkspartei zu einer Mittelpartei abzusteigen und ist deshalb in eine Schockstarre verfallen. Hinzu kommen die herben Verluste der CDU bei den Landtags­wahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz.

In Baden-Württemberg hat das ZDF in ihren Hochrechnungen am Wahlabend des 14.3.2021 erstmalig fast punktgenau vorausgesagt, es werde wegen der Überhang- und Ausgleichsmandate nicht 120, sondern 153 oder 154 Mitglieder des Landtags geben. Auch für die heranrückende Bundestagswahl v. 24.9.2021 will man wissen, ob es reicht. In der Tat hat Britta Haßelmann, Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion bei den Grünen auf der Grundlage der Meinungsumfrage von „infratest-dimap“ vorgerechnet, wegen der Überhang- und Ausgleichsmandate werde es im 20. Deutschen Bundestag nicht 598, sondern 758 Mitglieder geben – 155 mehr als normal!

Sollte sich dieser gewaltige Aufwuchs an Mandaten bestätigt, lässt sich das neue Gesetz zur Änderung des Wahlrechts nicht mehr halten. In Italien hat der Gesetzgeber 2020 die Zahl der Ab­geordneten bereits um ein Drittel gekürzt. Bei knappen Mehrheiten könnten die Überhang- und Ausgleichsmandate sogar den Ausschlag bei der Kanzlerwahl geben.

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Es geschieht nichts: Ausgleich ohne Überhang?

Nikolas Löbel (CDU) hat sein Mandat im Bundestag niedergelegt. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hatte er sich für die Vermittlung des Ankaufs von Schutzmasken hohe Makler-Provisionen auszahlen lassen. Mit dem Rücktritt von Löbel ist jedoch die Sache keineswegs vom Tisch. Denn er ist 2017 in Baden-Württemberg im Wahlkreis 275 direkt gewählt worden. Sein Direktmandat im Bundestag ist nun vakant. Nach § 48 Absatz 1 Satz 1 BWahlG soll der Sitz aus der Landesliste seiner Partei nachbesetzt werden. Weil Löbel jedoch aus der CDU-Fraktion ausgeschieden ist, und ursprünglich sein Mandat als parteiloser Abgeordneter weiterführen wollte, käme allein schon deshalb eine Nachfolge aus der Landesliste der CDU in Baden-Württemberg natürlich nicht mehr in Betracht.

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Die Mutter aller Überhänge: das Stimmensplitting

Insgesamt gaben 2017 etwa 3,85 Mio. Wähler ihre Erststimme für den gewünschten Wahlkreisbewerber ab. Sie wählten seine Partei aber nicht mit der Zweitstimme. Umgekehrt wählten 2,08 Mio. Wähler mit der Zweitstimme die gewünschte Partei, verweigerten aber dem von ihr aufgestellten Kandidaten die Erststimme. (Zum Rechengang vgl. „Ge­genkommentar“, 2018, Anhang, S. 110, Tabelle 2) Und dieses „Splitting“ genügte 2017 für 46 Überhänge und 65 Ausgleichsmandate.

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CDU-Parteitag: Wählen bis es passt?

Für die Wahl von Armin Laschet zum neuen CDU-Parteivorsitzenden gab es drei Wahlgänge. Zwei davon fanden – ohne Publikum – auf einem „virtuellen“ Parteitag in Berlin statt. Abgestimmt wurde elektronisch in „Home-Wahl“. Im ersten Wahlgang erhielt Norbert Röttgen 244, Armin Laschet 385 und Friedrich Merz 388 Stimmen. Weil keiner der drei Bewerber die absolute Mehrheit erlangte, wurde eine elektronische Stichwahl zwischen Laschet und Merz anberaumt. Im zweiten Wahlgang drehten sich die Verhältnisse um, und Merz ging mit 466 hinter Laschet mit 521 Stimmen über die Ziellinie.

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Weniger Überhänge, weniger Ausgleich

Bei der Nachbesetzung vakanter Wahlkreise durch Listenbewerber der gleichen Partei kommt es zu Unstimmigkeiten bei den Ausgleichsmandaten. Scheidet ein Abgeordneter mit Direktmandat aus dem Bundestag aus, wird der vakante Sitz durch einen Listennachfolger der gleichen Landespartei ersetzt, der noch nicht der zum Zuge gekommen ist. (Vgl. § 48 BWahlG.) Das Direktmandat entfällt und wird durch einen Listenplatz ausgetauscht. Unterschreiten die Listenplätze einer Landespartei die von ihr erlangten Direktmandate, nimmt der Abstand, die Unterschiedszahl, also die Differenz zwischen beiden ab. Die Zahl der Überhänge wird also kleiner. Das kann nicht ohne Auswirkungen auf den Mandatsausgleich bleiben: Weniger Überhänge weniger Ausgleich.

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Wahlrecht / Verfassungsbeschwerde 2020

An das Bundesverfassungsgericht, Zweiter Senat, Postfach 1771,

76006 Karlsruhe

Es gilt das Datum der Zustellung

AktenZ. 2 BvR 2253/20. Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Ziff 4a) Grundgesetz der Damen und Herren:

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Offene Stichwahl mit einfacher Mehrheit? – Zur OB-Wahl in Stuttgart

Die Kommunalwahl von Stuttgart am 29.11.2020 erreichte Oberbürgermeister, Franz Nopper (CDU), im zweiten Wahlgang 42,3 Prozent der Stimmen. Nach der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg genügt in offener Stichwahl die einfache Mehrheit. Beim ersten Wahl­gang vom 10.11.2020 gab es 14 Bewerber. Im zweiten Wahlgang waren es nur noch 9. Ur­sprüng­lich lag die Wahlbeteiligung mit 57,4 Prozent noch über der Hälfte der insgesamt rund 450.000 Wahlberechtigten. Sie sank beim zweiten Wahlgang auf 44,7 Prozent. Im Endergeb­nis hat Nopper von mehr als der Hälfte aller Wahlberechtigten weniger als die Hälfte der Stimmen erlangt. Er ist unter allen Bewerbern der Beste, hat aber nur ein Viertel aller Wahlbe­rech­tigten hinter sich. – Um das festzustellen, braucht man nicht zwei Wahlgänge.

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Für den Spott braucht man nicht sorgen: Zum Fall Bülow im Deutschen Bundestag

Der Abgeordnete des Deutschen Bundestages, Marco Bülow, ist am 28.11.2018 aus der SPD-Fraktion ausge­treten. Sein Direktmandat im Wahlkreis Dortmund I (Wahlkreis-Nr. 142) hat er „mitgenommen“, nicht aber den Listenplatz. Das war auch bei Frauke Petry der Fall, die schon zuvor mit zwei weiteren Abgeordneten aus der AfD ausgeschieden war. Der Fall Bülow ist also kein Einzelfall. Wie Petry blieb auch Bülow zunächst frak­tionslos. Dadurch entstand – ohne Zutun der Wähler – in Nordrhein-Westfalen nachträglich ein nicht durch Zweit­stimmen gedecktes Direktmandat, ein sog. „Überhangmandat“, und zwar ohne dass auch der Ausgleich erhöht wurde. Das Direktmandat wurde vom Listenplatz separiert. In NRW gab es 2017 bei keiner Partei irgendwelche Überhänge, die durch Austritt aus der Fraktion dort hätten mandatswirksam verringert werden können. Deshalb stellt sich sofort die Frage: Verliert die SPD also einen Sitz, obwohl sich an den erworbenen Listenplätzen gar nichts geändert hat? Zu allem Überfluss hat der fraktionslose Marco Bülow für den 18.11.2020 seinen Beitritt in die Satirepartei „Die Partei“ verkündet. Damit ist „Die Partei“ im Bundestag mit einem direkt gewählten Abgeordneten vertreten, obwohl sie die Fünf-Prozent-Sperrklausel nicht überwinden und bei der Wahl von 2017 auch kein Direktmandat erzielten konnte. – Für den Spott braucht man nicht sorgen. Es bleibt dabei: Das deutsche Wahlrecht ist ein Narrenschiff.

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Litauen – Der Pferdefuß der Stichwahl

Litauen hat am 25.10.2020 ein neues Parlament gewählt, das „Seimas“ genannt wird. Keine der politi­schen Parteien erreichte mehr als die Hälfte aller Mandate. Stärkste Partei wurde der konservative Va­terlandsbund, aber nur mit etwas mehr als einem Drittel der Sitze. Es muss also eine Koalition aus mehreren Parteien gebildet werden.

Litauen ist ein kleines Land mit rund 2,5 Mio. Wahlberechtigten. Es gib im Seimas 141 Plätze, auf­geteilt in 70 Listenplätze aus den Landesstimmen der Parteien- bzw. Verhältniswahl und 71 Direkt­mandate aus der Personenwahl in Wahlkreisen. Es gibt also zwei grundverschiedenen Stimmen wie in Deutschland. Ge­wählt wird allerdings nach dem sog. „Grabensystem“ d.h. nach zwei unglei­chen – wie durch einen tiefen Graben von einander vollkommen getrennten – Wahlverfahren. Über­hang- oder Ausgleichsmandate entstehen daher keine.

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Verfassungsbeschwerde / Wahlgesetz des Bundes: Beitrittserklärung

Der Schriftsatz vom Dezember 2020 zur Verfassungsbeschwerde von Dr. Wolfgang Goldmann, Dr. Robert Mertel und anderen ist mir auch aus dem Internet bekannt. 2017 war ich wahlberechtigt. Ich stimme insbesondere dem Antrag zu und trete hiermit der Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Ziff 4a GG als weiterer Beteiligter bei. Der Beteiligte zu 4.), Dr. Manfred Hettlage, kann bei Bedarf auf seine Kosten einen Rechtsbeistand bestimmen, der im Falle einer mündlichen Verhandlung auch mich vertritt und für mich handelt. An­walts- und Gerichtskosten entstehen mir keine.

Name  + Vorname,     Anschrift: Straße + Nr.,   Plz + Ort,    Unterschrift

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Im Original zurück an:  Dr. Manfred C. Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München

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