FDP, Sperrklausel und Ausgleichsmandate

Kommt die „Magenta-Partei“ doch in den Bundestag?

Die Basiszahl für die Berechnung der Fünf-Prozent-Hürde wird durch die Gesamtheit der 598 Mitglieder des Deutschen Bundestags bestimmt. Davon 10 % sind 59,8 und davon nochmal die Hälfte (= 5%) sind 29,9 Köpfe. Nun hat die FDP aber nur 28 Mandate erlangt. Zwei Köpfe mehr und sie wäre 2013 in den Bundestag eingezogen und hätte mit der Union die gewünschte Koalition bilden können, was dem Wähler­willen wohl am meisten entsprochen hätte. Tatsächlich sitzen aber 631 Abgeordnete im deutschen Bundestag. Davon 10 % sind nicht 59,8 sondern 63,1 Abgeordnete und davon nochmal die Hälfte (= 5%) sind nicht 29,9 sondern 31,55 Köpfe. Die FDP würde also die Fünf-Prozent-Hürde um ein Mandat überspringen. Die Ursache dafür liegt im Wechsel der Berechnungsbasis. Und unter Statistikern gilt der Satz: Bei einer frei bestimmbaren Prozentbasis kann man jede beliebige Prozentzahl ausrechnen.

Die Gesamtheit der 598 Mitglieder des Deutschen Bundestags ist und bleibt die gesetzlich angeordnete Berechnungsbasis für die Sperrklausel. Sie hat der Wahlleiter zugrunde zu legen, wenn er der FDP den Einzug in das Berliner Parlament verweigert. Wegen der 4 Über­hang- und vor allem aber wegen der 29 Ausgleichsmandate haben aber 631 Abgeordnete im Parlament Sitz und Stim­me. Selbst wenn man die 4 Überhänge ausklammert, die 2013 entstanden sind, entfallen bei der Verteilung der verbleibenden tatsächlich vorhandenen 627 Mandate auf die Parteien rein rechnerisch auf die FDP immer noch 31,35 Köpfe. Die Liberalen zögen also in den Bundestag ein.

Die alles entscheidende Frage lautet daher: Müssen alle Parteien – also auch die FDP – bei der Verteilung der 29 Ausgleichsmandate anteilig berücksichtigt werden? Oder darf der Bundeswahlleiter dem Club der fünf im Bundestag vertreten Parteien – wenn die Wahl vorbei ist – nachträglich noch 29 „Extrawürste“ braten, ohne der FDP den auf sie entfallenden Anteil zukommen zu lassen?

Mit Wolfgang Kubicki, MdL, hat die FDP einen erfahren Juristen in ihrem Bundesvorstand. Er könnte die Sache auf den Rechtsweg bringen. Das kann aber auch die Union im Wege einer Organklage tun, wenn die Große Koalition zerbricht.  Mit 242 CDU- und 56 CSU-Abgeordneten stellt die Union aus den eigenen Reihen heraus weit mehr als ein Drittel der Abgeordneten und kann deshalb sogar eine Normenkontrolle „stemmen“. Wenn die 29 Ausgleichsmandate vor der Verfassung Bestand haben und auf alle Parteien zu verteilen sind, würde die FDP mit einer Fraktion von 31 Köpfen in den Deutschen Bundestag einziehen und das genügt für eine Koalition mit der Union!

Statt dessen ist die FDP ihrer Freude an der Magenta-Farbe und dem missrate­nen Slogan: „german mut“ erlegen. Beides hat ihr eine Werbeagentur für viel Geld auf­geschwatzt. Ein politisches Thema, bei dem ihr Sachkunde und Meinungsführerschaft zugesprochen werden, ein Thema also, das die Wähler vom Stuhl reisst und den Liberalen über die Fünf-Prozent-Hürde helfen könnte, ist nicht in Sicht. Die FDP ist zur „Magenta-Partei“ verkommen, politisch eine leere Dose mit einer schönen Farbe. – Und das genügt natürlich nicht einmal um den Rechtsweg zu beschreiten und die wohlerworbenen Rechtsansprüche durchzusetzen!

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