Im Bundestag gibt es 134 „blinde Passagiere“

An den 20. Deutschen Bundestag: dringliche Petition nach Art. 17 GG

Hiermit stelle ich, Dr. Manfred C. Hettlage, Nibelungenstr. 22, 08639 München, dem 20. Deutschen Bundestag, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, und dem Zweiten Senat des BVerfG, Pf. 1771, 76006 Karlsruhe, zur Erweiterung der Antrags-Begründung im Verfahren 2 BvR 842/23 nach Art. 17 GG, mit der höchsten Dringlichkeitsstufe, die nachfolgende Petition zu, um die unübersehbaren Missstände bei der personellen Besetzung des amtierenden Berliner Parlaments auszuräumen.

Ich war bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag wahlberechtigt und nach Art. 41 GG befugt, eine Wahlprüfung zu betreiben. Die gesetzliche Zwei-Monats-Frist für eine Wahlprüfung ist jedoch am 23. Nov. 2021 verstrichen. Einer Petition nach Art. 17 GG steht indessen keine Frist entgegen. Sie ist deshalb der einzig verbleibende Rechtsweg, um die von Willkür und Verfassungsbruch geprägte Zusammensetzung des 20. Deutschen Bundestages zu beseitigen. Der Wahlgesetzgeber ist an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden (vgl. Art. 2 Abs. 3 GG). Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn anders Abhilfe nicht möglich ist (vgl. Art. 20 Abs. 4 GG).

1. Antrag:

Überhangmandate heißen zwar so, sind in Wahrheit aber Pseudo-Mandate, denn es gibt für sie gar keine zusätzlichen Stimmkreise. Weil weder über den „Überhang“ noch über den Ausgleich abgestimmt worden ist, sitzen im Deutschen Bundestag insgesamt 134 „blinde Passagiere“, für die man in den Wahlurnen keine Stimmzettel ausfindig machen kann. Wer gar nicht gewählt wurde, kann kein Abgeordneter sein. Deshalb müssen alle 134 Abgeordneten mit Überhang- oder Ausgleichsmandat den Bundestag umgehend verlassen, es sei denn die fehlende demokratischen Legitimation wird durch eine Nachwahl über die 134 Überhang- und Ausgleichsmandate nachgeholt. (Hauptantrag)

Aus dem Bundestag sind inzwischen 12 von insgesamt 299 direkt gewählten Volksvertretern ausgeschieden: Stand 15.4.2024. Statt 299 gibt es nur mehr 287 direkt gewählt Abgeordnete. In vier Fällen sank gleichzeitig auch der Überhang, doch der Ausgleich blieb gleich. Die 12 vakanten Wahlkreise und die e überzählig gewordenen Ausgleichsmandate sind ungesetzlich. Die Wähler haben keinen Anspruch auf leerstehende Stimmkreise, sie haben Anspruch auf Vollzähligkeit der 299 Mandatsträger, die aus ihrem Heimat-Wahlkreis stammen und von ihnen selbst in den vorhandenen Wahlkreisen unmittelbar gewählt worden sind. Der Leerstand bei den Erststimmen ist durch Nachwahl bei den Erststimmen zu beseitigen.

Sahra Wagenknecht (BSW) und 9 weitere BSW-Dissidenten haben auf ihre Listenplätze bei den „LINKEN“ in der vorgeschriebenen Form (§ 46 Abs. 3) unwiderruflich verzichtet. Schon vorher haben Uwe Witt, Matthias Helferich, Johannes Huber, Joana Costar, alle vier heute parteilos, ihre Sitze an das Wahlvolk zurückgegeben, für die sie bei der AfD gelistet waren. Weil sie kein eigenes Direktmandat vorweisen können, müssen nicht nur alle 10 BSW-Dissidenten, sondern auch alle 4 AfD-Dissidenten den Bundestag umgehend verlassen. Das steht so im Gesetz: § 46 Abs. 1 Ziff. 4 u. § 47 Abs. 1 Ziff. 4 BWahlG. Das Gesetz hat der Bundestag zu respektieren. Die an die Wähler zurückgegebenen Mandate sind durch 10 Listenanwärter bei den LINKEN und 4 bei der AfD zu ersetzen, die noch nicht zum Zuge gekommen sind. Ist eine der betroffenen Landeslisten erschöpft, bleibt der vakante Platz auf der Liste unbesetzt.

Nur Robert Farle (parteilos) bleibt. Er wurde zweimal gewählt und konnte auf den Listenplatz bei der AfD in Sachsen-Anhalt verzichten, ohne zugleich auch sein eigenes Direktmandat im Wahlkreis Nr. 074/Mansfeld zu verlieren. Es entstand daher ein zusätzlicher „Überhang“. Farle hat seit dem 22. November 2022 keinen Listenplatz mehr. Das hat der Bundeswahlleiter damals übersehen. Auch auf den leerstehenden Listenplatz von Farle rückte daher niemand nach. Die AfD büßt also einen fünften Nachrücker ein, auf den die Partei Anspruch hat, ihn aber nicht geltend macht.

Drei Verschiebungen von Mandaten aus Berlin nach Niedersachsen, nach NRW und nach Hessen, zudem auch eine ersatzlose Streichung, die der Landeswahlleiter, Prof. Bröchler, in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger bei der Teilwiederholung der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag, am 11. Februar 2024, zu Lasten des Bundeslandes Berlin bei den Listenplätzen nach der Wahl verfügt hat, verstoßen gegen die föderative Staatordnung, die Art. 20 Abs. 1 GG garantiert wird. Sie sind verfassungswidrig, waren deshalb zu unterlassen und sind rückgängig zu machen.

Der sog. „Verhältnisausgleich“ und die föderative Staatsordnung sind miteinander unvereinbar. Die Vergabe von Überhang- und Ausgleichsmandaten verletzt das Prinzip der Bundestaatlichkeit des Art. 20 Abs. 1 GG. In allen 16 Bundesländern, außer Bremen, stimmen die Landessitzkontingente, die dem Land zustehen, nicht mit der Zahl an Mandaten überein, die dem Bundesland zugeteilt wurden. Der Proporz zwischen den Bundesländern wurde massiv verletzt. Nur in Bremen nicht. Diese Verletzungen in 15 Bundesländern können keinen Bestand haben und müssen unverzüglich beseitigt werden.

Bei der Bundestagswahl v. 23. September 2021 sind 34 sog. „Überhange“ angefallen. Durch 104 Ausgleichsmandate wird also der sog. „Überhang“ um mehr als das Dreifache turmhoch überkompensiert. Bei 70 Ausgleichsmandaten fehlt sogar der Überhang. Also wird 70-fach etwas ausgeglichen, das es gar nicht gibt und auch nie gegeben hat. Die Zuteilung von 70 Ausgleichsmandaten, denen kein Überhang gegenübersteht, ist unheilbar nichtig.

2. Begründung:

Zur näheren Begründung der Petition wird auf den Aufsatz des Verfassers hingewiesen, der den Titel hat: „Der gesetzgebende Bauch, oder zwischen Willkür und Verfassungsbruch: Der 20. Deutsche Bundestag“. Dieser Aufsatz liegt der Petition als Anlage bei.

3. Anlage:

Aufsatz mit dem Titel: „Der gesetzgebende Bauch, oder zwischen Willkür und Verfassungsbruch: Der 20. Deutsche Bundestag“. Die Anlage ist ein wesentlicher Bestandteil der vorliegenden Petition.

München, im April 2024. Es gilt das Datum der Zustellung.

Gezeichnet Dr. Manfred C. Hettlage

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