Rückkehr zum Stimmzettel von 1949: Sofortmaßnahme

Wenn man zum Stimmzettel zurückkehrt, wie er 1949 in Gebrauch war, löst sich die Über­füllung des Bundestages in Wohlgefallen auf. Auf Konrad Adenauer geht das Dictum zurück: Die großen Dinge sind meist sehr einfach. Genau so ist es auch beim Wahlrecht. Werden Erst- und Zweitstimmen im Verbund abgegeben, dann entsteht daraus ein Mandat, denn es wird im Ergebnis über ein Mandat zweimal abgestimmt. Werden beide Stimmen aber von einander getrennt, dann entstehen aus der Doppelwahl zwei verschiedene Mandate, eines aus der Erststimme und noch eines aus der Zweitstimme. Das Splitting ist also die Mutter der Überhänge.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für Rückkehr zum Stimmzettel von 1949: Sofortmaßnahme

Listennachfolge in Überhänge – widersinnige Regelung

Weniger Überhänge heißt weniger Ausgleichsmandate. So ist es aber nicht. Der Schwund von fünf Überhängen, der – Stand August 2020 – eingetreten ist, führte nicht zu einer Herabsetzung der Aus­gleichsmandate. Der Bundestag hatte sich im Fall Harbarth (CDU) und Marlene Mortler (CSU) sogar geweigert, die im Wahleinspruch WP 193/17 verlangten Anpassungen vorzunehmen und die Zahl der Ausgleichsmandate herabzusetzen. Die Fälle M. Stübgen (CDU), Oswin Veith (CDU) und J. Kahrs (SPD) sind 2019 und 2020 neu hinzugekommen. Auch hier sind Überhänge entfallen, die Ausgleichs­mandate aber gleich geblieben.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für Listennachfolge in Überhänge – widersinnige Regelung

Reform des Wahlrechts – die Trampelpfade verlassen

Wer das Wahlrecht des Bundes reformieren und dabei die typisch deutsche Doppelwahl mit zwei Stimmen soweit wie möglich erhalten will, muss die ausgetretenen „Trampelpfade“ verlassen und einen ebenso schlüssigen wie zielführenden Vorschlag vorlegen, der sich für eine parteiübergreifende Gesetzgebung eignet wie folgt:

1.) Die Praxis der gespaltene Abstimmung  mit Erst- und Zweitstimme (Stimmensplitting) ist zu unterbinden.
2.) Die Zahl aller 299 Direktmandate, die es z.Z. gibt, ist auf die Gesamtzahl der 598 regulären Mitglieder des Bundestages anzuheben.
3.) Der Wortlaut des Bundeswahlrechts ist mit mehr Normenklarheit und Verständlichkeit neu zu fassen.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für Reform des Wahlrechts – die Trampelpfade verlassen

Das Wahlrecht nicht verfassungskonform

Es werden nur 299 Abgeordnete der insgesamt 598 Mitglieder des Bundestages unmittelbar gewählt, wie es Art. 38 GG verlangt. Die Zahl der Wahlkreise muss auf die Zahl der 598 Mitglieder des Bundestages angehoben werden.

Das Verfassungsgericht (BVerfGE 121, 266) hat das „negative“ Stimmengewicht untersagt. Es ist aber nicht verschwunden. Je weniger Zweitstimmen für eine Landesliste umso mehr Überhänge und noch mehr Ausgleichsmandate.

Das Stimmensplitting ist ungesetzlich: Die mit der Personenwahl verbundene Verhältniswahl schließt die unverbundene Abstimmung mit beiden Stimmen aus. (Vgl. § 1 Abs.1 BWahlG) Ohne Splitting keine oder fast keine Überhänge.

Ausgleichsmandate sind Zusatzmandate, die den Wählern nach der Wahl oktroyiert werden. Wer das Wahlergebnis nachträglich ausgleicht, der verfälscht es auch.

Viele der gewöhnlich anzutreffenden Wähler können das duale Wahlverfahren mit zwei Stimmen nicht hinreichend durchschauen. Dem komplizierten Regelungsgeflecht fehlt die unerlässliche Normenklarheit und Verständlichkeit.

Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für Das Wahlrecht nicht verfassungskonform

Wenn die Wähler nicht das letzte Wort haben …

Wenn die Wähler nicht das letzte Wort haben, dann haben sie auch nicht das entscheidende Wort. Die Volkssouveränität schließt jeden nachträglichen Eingriff in das Wahlergebnis aus. Deshalb ist niemand befugt, einem direkt gewählten Abgeordneten den Zutritt zum Bundestag zu verweigern. Aus dem gleichen Grund ist auch niemand befugt, das Wahlergebnis nachträglich auszugleichen. Wer nach der Wahl das Wahlergebnis über den Kopf der Wähler hinweg ausgleicht, der verfälscht es auch. Ausgleichsmandate sind Zusatzmandate. Sie verletzen die im Grundgesetz garantierte Volkssouveränität.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für Wenn die Wähler nicht das letzte Wort haben …

„Nicht zur Entscheidung angenommen“

Überhang- und Ausgleichsmandate in Bayern zulässig, in Schleswig-Holstein nicht

Mit Beschluss v. 27. Mai 2020 hat Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde (2 BvR 2016/19) nicht zur Entscheidung angenommen. Der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss des bayerischen Verfassungsge­richtshofes v. 28. Oktober 2019 (vgl. http://www.bayern-verfassungsgeichtshof.de ) hat also Bestand: Anders als in Schleswig-Holstein sind in Bayern deshalb Überhang- und Ausgleichsmandate in unbegrenzter Höhe zulässig und weiterhin durch Art. 14 der Landesverfassung garantiert.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für „Nicht zur Entscheidung angenommen“

Wahlrecht: nicht schön aber zulässig?

Der SPD-Politiker, Carsten Schneider, MdB, hält es (nach einem Bericht der NZZ v. 5.6.2020, (http://view.email.nzz.ch/?)) nicht für „schön, aber verfassungsrechtlich zulässig“, wenn direkt gewählte Abgeordnete dem Bundestag fernbleiben müssen, weil die Obergrenze von 690 Mitgliedern überschritten wurde. Der Autor der NZZ, Marc Felix Serraro, hat dagegen verfassungsrechtliche Bedenken. Die beim Verfassungsgericht in Karlsruhe seit dem 31. Mai 2019 anhängige Wahlprüfungs-Beschwerde (Aktenzeichen 2 BvC 37/19) geht darüber weit hinaus. Die Beschwerdeführer tragen fünf Gründe vor, warum das geltende Wahlrecht des Bundes, das in 19 Legislaturperioden 21 mal geändert wurde, vor dem Grundgesetz keinen Bestand haben kann:

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für Wahlrecht: nicht schön aber zulässig?

Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht

An das Bundesverfassungsgericht Zweiter Senat (Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe
Vorab per Fax: 0721 / 9101 -382 )

Antrag auf einstweilige Anordnung

In Sachen
Wahleinspruch beim Deutschen Bundestag (WP 193/17) bzw. Wahlprüfungs-Beschwerde der Damen und Herren

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht

Missbrauch der Gestaltungsformen des Wahlrechts: die Überhangmandate

Überhangmandate gehören zum Erscheinungsbild des deutschen Wahlrechts seit 1949. Das Verfas­sungsgericht hat schon 1957 seine Stimme erhoben und kritisiert: „Gewiss, eröffnet das Institut der Überhangmandate Manipulationsmöglichkeiten. Deren Verfassungsmäßigkeit müsste aber im Falle eines Missbrauchs angezweifelt werden.“ (BVerfGE 7, 66 (75)). Obwohl es immer wieder zu Strei­tigkeiten kam, lässt sich danach aber kein höchstrichterliches Urteil ausfindig machen, das damit Ernst gemacht und vom Gesetzgeber verlangt hätte, ein Wahlrecht ohne Überhangmandate zu schaffen.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Wahlrecht | Verschlagwortet mit | Kommentare deaktiviert für Missbrauch der Gestaltungsformen des Wahlrechts: die Überhangmandate

Helmut Schmidt zur Verhältniswahl

In seinen Erinnerungen und Reflexionen, die in zweiter Auflage 1996 unter dem Titel „Weggefährten“ erschienen sind, betont Altkanzler Helmut Schmidt, es sei nicht Sache des Volkes zu regieren, wohl aber habe es in der Demokratie die Möglichkeit, eine Regierung gewaltlos zu beseitigen und durch eine andere zu ersetzen. „Deshalb habe ich auch früh den großen Nachteil eines Verhältniswahlrechts begriffen, das vermeintlich besonders gerecht ist, tatsächlich aber fast immer zu Koalitionen zwingt und damit jedem Koalitionspartner die Macht gibt, die Regierung zu stürzen, während diese Macht doch vom Volk ausgehen muss (die ständigen Regierungswechsel in Italien, bei denen sich die Regierungspolitik keineswegs wesentlich ändert, sind ein Paradebeispiel; auch die FDP hat bisher zweimal den Beweis für meine These geliefert.)

Veröffentlicht unter Wahlrecht | Kommentare deaktiviert für Helmut Schmidt zur Verhältniswahl