Direktwahl besser

Den Kairos verpasst

Nichts ist in der Politik so wichtig wie die so genannte „Sprachregelung“. Sie lautet fast immer: „Weiter so!“ Und das allen Meinungsumfragen des Politbarometers zum Trotz, das die beiden Unionsparteien mit allmonatlicher Regelmäßigkeit daran erinnert, die Koalition in Berlin werde die Wahlen 2013 nicht überstehen. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg hat die Sprachregelung zu Fall gebracht, die das zu vertuschen versucht.

Die Empörung ist deshalb so groß, weil er den unbestreitbaren „Sinkflug“ von CDU und CSU in der Wählergunst als Zeichen dafür sah, am Ende einer solchen Entwicklung würden sie wohl keine Volksparteien mehr sein. Volksparteien sind parteipolitische Organisationen, die so stark sind, dass gegen ihren Willen – auf Dauer – nicht regiert werden kann, es also irgendwann zu einem Wechsel kommt. Unter der Geltung der Verhältniswahl trifft das aber auf alle Bundestagsparteien zu, auch auf die FDP, die Grünen und die Linken, demnächst vielleicht auch auf die Piraten. Sie alle sind als Koalitionspartner für die Regierungsbildung unerlässlich und sind so gesehen Volksparteien.

Und das ist das Elend der Verhältniswahl: Kleine Parteien – Minderheiten – erlangen als Koalitionspartner die Herrschaft über die großen. Sie können etwa in Zeiten Steuersenkungen durchsetzen, in denen die Staatsverschuldung auf Rekordniveau gestiegen ist und man sparen müsste, wo man kann. Die Wähler tippen sich an die Stirn! Bei der Direktwahl ist das anders. Dort wird die Regierung von der Partei ge- stellt, die in der Mehrheit der Wahlkreise den Sieg errungen hat. Die CSU hat bei der Bundestagswahl 2009 bekanntlich in allen 45 Wahlkreisen Bayerns den Sieger gestellt. Und mehr als alle Wahlkreise kann man nicht gewinnen. Die CSU wäre also eine Volkspartei, wenn es denn die Direktwahl gäbe. Doch sie gibt es nicht!

Das Wahlrecht mit Erst- und Zweitstimme bevorzugt die Verhältniswahl. Es gibt den kleinen Parteien als Koalitionspartner die gleiche Macht wie den großen. Und so kommt es, dass der Schwanz den Hund wackelt!

Aus dem Internet: www.bayernkurier.de
Aktuelle Ausgabe: Jahrgang 62, Nr. 50, 17. Dez 2011
Artikel aus Rubrik: Service-Forum
zum Bayernkurier vom 3.12.2011

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