Der Fall Berlin – Verfassungsbeschwerde

Von Dr. Manfred C. Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München

An das Bundesverfassungsgericht Zweiter Senat, Postfach 1771; Eil-Sache, Vorab per Fax:  0721 9101-382

Es gilt das Datum der Zustellung (im Juni 2024)

Über die Volksvertreter wurden am 11.2.2024 in Berlin nicht länderweise abgestimmt.

Verfassungsbeschwerde nach Art. 41 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 3 und § 48 Abs. 1 BVerfGG (Aktenzeichen: ……………… )

Die beteiligten Beschwerdeführer beanstanden hiermit die Zurückweisung ihres Wahleinspruchs durch den Bescheid des Deutschen Bundestages v. 13. Juni 2024 (WP 2/24) und rügen zugleich die rechtsfehlerhafte Begründung mit BT-DruckS. 20/11300, Anlage 5, Stn. 16 bis 20, die sich auf die Zusammensetzung des 20. Deutschen Bundestages bezieht.

Beschwerdeführer sind die Damen und Herren, die bereits am ursprünglichen Wahleinspruch v. 1. Februar 2024, WP 2157/21 (in der Sache Sahra-Wagenknecht) beteiligt waren. Dieser Wahleinspruch wurde vom Beteiligten zu 4.) und Gruppenbevollmächtigten um den Wahleinspruch vom 15. Februar 2024 (in der Sache Wahlwiederholung in Berlin) ergänzt und vorsorglich auch von den Beteiligten zu 2.) Dr. Robert Mertel; zu 10.) Heinz Dalen; und Roswitha Dalen mitunterschrieben. Der Bundestag hat das Rubrum anerkannt, die Ergänzung des Antrags und der Begründung jedoch abgetrennt und dafür das Aktenzeichen WP 2/24 vergeben. Wer Beschwerdeführer im abgetrennten Verfahren WP 2/24 ist, hängt deshalb von der Vertretungsmacht des Gruppenbevollmächtigen zu 4.) ab, die er für sich aus § 2 Abs. 2 und Abs. 3 WahlprüfG ableitet.

1.) Dr. Wolfgang Goldmann, Zuccalistr 25, 80639 München; 2.) Dr. Robert Mertel, Kindermannstr. 1, 80637 München; 3.) Joachim Kampka, Nürnberger Str. 24, 80637 München; 4.) Dr. Manfred C. Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München; (Gruppenbevollmächtigter lt. § 2 Abs. 3 WahlPrüfG); 5.) Dr. Ursula Offergeld-Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München; 6.) Gero von Braunmühl, Taxisstr. 25, 80637 München;  7.) Dr. Annelie Grasbon, Am Rain 15, 85267 Hettenshausen; 8.) Dr. Winfried Grasbon, Am Rain 15, 85267 Hettenshausen; 9.) Dr. Felix Grasbon, Longinusstr. 22, 81247 München; 10.) Heinz Dalen, Balmungstr. 1, 80634 München; 11.) Dr. Ludwig Römhild, Rauhenstein Weg 1, 83483 Bischofswiesen; 12.) Dr. Dora Römhild, Rauhenstein Weg 1, 83483 Bischofswiesen; 13.) Dr. Hannes Römhild, Rosenhof 7, 83471 Berchtesgaden; 14.) Dr. Michael Römhild, Urbanwerg 28 b, 83483 Bischofswiesen; 15.) Dr. Anton Fischer, Fritz-Lutz-Str. 10, 81929 München; 16.) Dominic Grasbon, Longinusstr. 22, 81247 München; und andere …

REGULARIEN

Zuständigkeit und Zulässigkeit

Die Wahlprüfung ist ein Grundrecht. Das ergibt sich aus Art. 41 Absatz 1 GG. „Gegen die Entscheidung des Deutsche Bundestag ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig.“ Vgl. Art. 41 Abs. 2 GG. Das BVerfG ist somit zuständig, die Beschwerde zulässig.

Beschwerdebefähigung

Alle Beteiligten sind natürliche Personen.  Sie haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Als solche werden sie durch das Grundgesetz geschützt und sind zur Beschwerde vor dem BVerfG befähigt.

Beschwerdegegenstand

Gegenstand der Beschwerde ist die Zurückweisung des Wahleinspruchs (Az. WP 2/24), durch das Plenum des Deutschen Bundestages. Der Wahleinspruch war gegen die Missstände gerichtet, die bei der Wahlwiederholung in Berlin v. 11. Februar 2024 ans Licht kamen. Sie sind mandatsrelevant. Es handelt sich also um eine Wahlstreitigkeit nach Art. 41 GG.

Eigene Betroffenheit

Die Beschwerdeführer waren im Wählerverzeichnis eingetragen und damit berechtigt, an der Bundestagswahl v. 26. September 2021 teilzunehmen. Als Wahlberechtigte sind sie selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Rechten verletzt, die ihnen in Gesetz und Grundgesetz garantiert werden.

Form und Frist

Der Beschwerde liegt in Schriftform vor, der gestellte Antrag ist mit der nachstehenden Begründung versehen. Die Laufzeit der Frist von zwei Monaten, die in der Rechtsbelehrung steht, beginnt nicht vor dem 13. Juni 2024. Diese Frist wurde eingehalten.

Vertretung und Rechtsbeistand

Verzicht auf die mündliche Verhandlung

Die Beschwerdeführer verzichten nach 1 nach § 25 BVerfGG auf die mündliche Verhandlung. Sollte das Gericht darauf bestehen, bitten sie darum, den Beteiligten zu 4.), Dr. Manfred C. Hettlage, nach § 22 Abs. 1 letzter Satz BVerfGG, als Beistand zur Vertretung aller Beschwerdeführer einzeln und als Gruppe zuzulassen. Die Vollmacht dazu wird von allen Beschwerdeführern hiermit bekräftigt und erneuert.

Die erforderliche Sachkunde kann der Beteiligte zu 4.) durch seine rechtswissenschaftlichen Print- und Online-Beiträge in der Fachliteratur belegen. Vgl. zu den Fundstellen dessen Internetseite: <https://www.manfredhettlage.de/kleine-beitraege-zum-wahlrecht-seit-11-2017/#more-12861>. Neun seiner Beiträge und eine Buchveröffentlichung wurden in das Literaturverzeichnis des Kommentars Schneider BWahlG 2017, S. LVI (röm. Zählung) aufgenommen.

ANTRAG UND BEGRÜNDUNG

Der Antrag

Es wird beantragt, den Bescheid des Deutschen Bundestages v. 13. Juni 2024 unverzüglich aufzuheben, die Begründung in BT-DruckS. 20/11300, Anlage 3, Seiten 16 bis 20 zu verwerfen und anzuordnen, dass die Landessitz-Kontingente, wie in allen Bundesländern, jedenfalls in Berlin unangetastet bleiben.

Der Sachverhalt

Der Bundestag hat den Tatbestand zutreffend beschrieben. (Vgl. BT-DruckS 20/11300, Anlage 5, S. 17 f., Ziff. 1. bis 3) Die Beschwerdeführer bedanken sich für die vorbildliche Darstellung.

Gleichwohl bleibt bestehen, dass Bundestag bei der Wahlprüfung als Richter in eigener Sache tätig wird. Das schlägt in den Entscheidungsgründen voll durch. Darin wird unzutreffend behautet: „Dem Vortag der Einspruchsführer lässt sich kein Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler entnehmen.“ (S. 17) Und weiter heißt es: „Soweit die Einspruchsführer diesbezüglich verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen, ist darauf hinzuweisen, dass der Wahlprüfungsausschuss die Verfassungsmäßigkeit der für die Wahl geltenden Rechtsvorschriften nicht überprüfen.“ (S. 18, Ziff 3) Eine derartige Kontrolle sei „stets dem Verfassungsgericht vorbehalten.“

Der Deutsche Bundestag räumt ein, dass er den Wahleinspruch WP 2/24 ohne nähere Prüfung der aufgeworfenen Verfassungsfragen für unbegründet erklärt und zurückgewiesen habe, statt gesetzgeberisch einzugreifen und die bestehenden Missstände zu beseitigen. Der Bundestag gibt vor, er werde durch sein eigenes Gesetz daran gehindert, die offenkundigen Missstände durch ein verfassungskonformes Regelwerk für die personelle Besetzung der Volksvertretung zu beseitigen.

Die Erwiderung

Abgeordnete werden auf amtlichen Stimmzetteln „gewählt“ (§ 1 Abs 2 und § 34 Abs 1. BWahlG). Im Umkehrschluss ergibt sich daraus: Wer nicht durch eine Wahlhandlung von Wahlberechtigen gewählt wurde, kann kein Abgeordneter sein. Bei der Wahlwiederholung am 11.2.2024 in Berlin sind drei Abgeordnete, (Angelika Hohmann aus Niedersachsen, Jörg Cezanne aus Hessen und Franziska Krumwieder-Steiner aus NRW) zum Zuge gekommen, die in Berlin gar nicht auf dem Stimmzettel standen. Die konkrete Entscheidung darüber, wer Berliner Abgeordneter wird, konnte deshalb in den genannten drei Fällen gar nicht durch eine Wahlhandlung des Berliner Wahlvolkes getroffen worden sein. Der Bundestag räumt diesen Missstand ein, rechtfertigt ihn sogar, und führt gesetzliche Vorschriften auf, die anordnen, dass der Wählerwille bei der Auszählung der Stimmen nachträglich manipuliert werden dürfe (Seite 19 Ziff. e). – „Lex injusta non est lex.“ Unsinn bleibt Unsinn, auch wenn er zum Gesetz erhoben wurde.

Zur weiteren Begründung der Beschwerde darf auf die Veröffentlichung von 18 Autoren herangezogen werden, die am 18. Juni 2024 im Internet veröffentlicht wurde und den Titel trägt: „75 Jahre BWahlG – Streitschrift zum Jubiläum“. Vgl. https://www.manfredhettlage.de/75-jahre-bwahlg-streitschrift-zum-jubilaeum/. Darin heißt es:

In Berlin verlor Anna-Maria Trasnea (SPD) den Sitz auf der Berliner Landesliste ihrer Partei. Für sie rückte Angela Hohmann (SPD) aus der Landesliste für Niedersachsen nach. – Wieso Niedersachsen, wo am 11.2.2024 überhaupt nicht gewählt wurde? Auch der Listenplatz der Berlinerin, Nina Stahr (Grüne), ging an Franziska Krumwieder-Steiner aus NRW. – Wieso NRW, wo ebenfalls keine Wahl stattgefunden. hat? Der Listenplatz von Pascal Meiser wäre eigentlich an Christine Buchholz (DIE LINKE) aus Hessen gegangen, die aber dort nicht mehr auf der Liste stand. Für Meisner ist in dem von Berlin weit entfernten Hessen Jörg Cezanne nachgerückt. Wieso Hessen, wo auch niemand zur Wahl gegangen ist?“

An anderer Stelle der Streitschrift heißt es weiter:

„Ein viertes Mandat ist spurlos verschwunden. Man glaubt es nicht. Aber bei der FDP ist der Listenplatz von Lars Lindemann ersatzlos gestrichen worden. Die Gesamtzahl der Mitglieder des Bundestags sank deshalb von 736 auf 735 Köpfe ab. Kann der zuständige Wahlleiter, Prof. Stephan Bröchler, einen Sitz, der dem Bundesland Berlin ja irgendwie zusteht, so einfach in die Spree werfen, ohne dass der Föderalismus absäuft? Doch, das kann er! Und das tut er sogar!

Die Autoren der Streitschrift kommen zu dem Ergebnis

 Drei Verschiebungen und eine Streichung bei den Listenplätzen – die der Landeswahlleiter, Prof. Bröchler, in seiner Eigenschaft als Wahlorgan bei der Teilwiederholung der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag, am 11. Februar 2024, zum Nachteil für das Bundesland Berlin verfügt hat, verletzen den Länderproporz der föderativen Staatsordnung. Das war zu unterlassen und ist wieder rückgängig zu machen.“

Der Grundsatz

Deutschland ist ein Bundesstaat. (Art. 20 Abs. 1 GG) Die Abgeordneten werden länderweise gewählt (föderatives Wahlrecht). Die Landes-Sitzkontingente der 16 verschiedenen Bundesländer, die sich aus ihren Bevölkerungsanteilen ergeben, sind nicht nur in Berlin, sondern in allen Bundesländern einzuhalten. Der verbindliche Länderproporz ist mit einer nachträglichen Manipulation der Landessitz-Kontingente durch einen bundesweiten Verhältnisausgleich unvereinbar.

Die Anlage

Sechs Blätter: Bescheid v.13. Juni 2024, WP 2/24 (ein Blatt); samt Begründung mit BT-DruckS. 20/11300, Anlage 5, Stn. 16 bis 20 (fünf Blätter).

Die Unterschriften

Die Beschwerdeführer verzichten auf eine mündliche Verhandlung, stellen trotz Dringlichkeit keine Eilantrag, bitten aber um eine zügige Entscheidung, die der grundsätzlichen Bedeutung ihres Antrags und seinen Folgen Rechnung trägt.

Zur Erinnerung: Beschwerdeführer sind die Damen und Herren, die bereits am ursprünglichen Wahleinspruch (WP 2157/21 /Anlage 2) beteiligt waren, von dem die Ergänzung (WP 2/24, Anlage 5) abgetrennt wurde.) 1.) Dr. Wolfgang Goldmann; 2.) Dr. Robert Mertel; 3.) Joachim Kampka; 4.) Dr. Manfred C. Hettlage, Gruppenbevollmächtigter; 5.) Dr. Ursula Offergeld-Hettlage; 6.) Gero von Braunmühl; 7.) Dr. Annelie Grasbon; 8.) Dr. Winfried Grasbon; 9.) Dr. Felix Grasbon; 10.) Heinz Dalen; 11.) Dr. Ludwig Römhild; 12.) Dr. Dora Römhild; 13.) Dr. Hannes Römhild; 14.) Dr. Michael Römhild, Urbanwerg 28 b, 83483 Bischofswiesen;15.) Dr. Anton Fischer; 16.) Dominic Grasbon; und andere.

Fehlende Unterschriften werden nachgereicht, wenn das Aktenzeichen vorliegt.

KlageBVerfGBerlin.docx; 1560 Wörter

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