Der Fall Wagenknecht: Verfassungsbeschwerde

Von  Dr. Manfred C. Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München

An das Bundesverfassungsgericht Zweiter Senat, Postfach 1771, 76006 Karlsruhe, Eil-Sache, Vorab per Fax:  0721 9101-382

Es gilt das Datum der Zustellung (im Juni 2024)

Die zehn Wagenknecht-Dissidenten haben nicht rechtswirksam auf ihre Listenplätze bei der Partei DIE LINKE verzichtet.

Verfassungsbeschwerde nach Art. 41 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 3 und § 48 Abs. 1 BVerfGG

(Aktenzeichen: ……………… )

Die beteiligten Beschwerdeführer beanstanden hiermit die Zurückweisung ihres Wahleinspruchs durch den Bescheid des Deutschen Bundestages v. 13. Juni 2024 (WP 2157/21) und rügen die widersprüchlichen Ungereimtheiten in der Begründung mit BT-DruckS. 20/11300, Anlage 2, Stn 7 bis 9, die rechtsfehlerfreie Zusammensetzung des 20. Deutschen Bundestages betreffend.

Beschwerdeführer sind die Damen und Herren, die bereits am Wahleinspruch WP 2157/21 beteiligt waren, der vom Plenum des Parlaments zurückgewiesen wurde:

1.) Dr. Wolfgang Goldmann, Zuccalistr 25, 80639 München; 2.) Dr. Robert Mertel, Kindermannstr. 1, 80637 München; 3.) Joachim Kampka, Nürnberger Str. 24, 80637 München; 4.) Dr. Manfred C. Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München; (Gruppenbevollmächtigter lt. § 2 Abs. 3 WahlPrüfG); 5.) Dr. Ursula Offergeld-Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München; 6.) Gero von Braunmühl, Taxisstr. 25, 80637 München; 7.) Dr. Annelie Grasbon, Am Rain 15, 85267 Hettenshausen;  8.) Dr. Winfried Grasbon, Am Rain 15, 85267 Hettenshausen; 9.) Dr. Felix Grasbon, Longinusstr. 22, 81247 München; 10.) Heinz Dalen, Balmungstr. 1, 80634 München; 11.) Dr. Ludwig Römhild, Rauhenstein Weg 1, 83483 Bischofswiesen; 12.) Dr. Dora Römhild, Rauhenstein Weg 1, 83483 Bischofswiesen; 13.) Dr. Hannes Römhild, Rosenhof 7, 83471 Berchtesgaden; 14.) Dr. Michael Römhild, Urbanwerg 28 b, 83483 Bischofswiesen; 15.) Dr. Anton Fischer, Fritz-Lutz-Str. 10, 81929 München 16.) Dominic Grasbon, Longinusstr. 22, 81247 München;

REGULA RIEN

Zuständigkeit und Zulässigkeit

Die Wahlprüfung ist ein Grundrecht. Sie war an den Deutsche Bundestag zu richten. „Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig.“ Das geht aus Art. 41 Absatz 2 GG hervor. Das BVerfG ist somit zuständig, die Beschwerde gegen die Fehlentscheidung des Deutschen Bundestag zulässig.

Beschwerdebefähigung

Alle Beteiligten sind natürliche Personen und haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Als solche sind sie durch das Grundgesetz geschützt und zur Beschwerde befähigt.

Beschwerdegegenstand

Gegenstand der Beschwerde ist der Bescheid des Deutschen Bundestages vom 13. Juni 2024, WP 2157/21 zur Gültigkeit Bundestagswahl vom 26. September 2021. Die Beschwerde richtet sich in der Sache gegen zehn Fehlbesetzungen des Parlaments und ist mandatsrelevant. Es handelt sich also um eine Wahlstreitigkeit im Sinne der Verfassung.

Eigene Betroffenheit

Die Beschwerdeführer waren im Wählerverzeichnis eingetragen und damit berechtigt, an der Bundestagswahl v. 26. September 2021 teilzunehmen. Sie sind gegenwärtig und unmittelbar in ihren Rechten verletzt, die im Grundgesetz garantiert werden.

Form und Frist

Die Beschwerde liegt in Schriftform vor und ist mit der nachfolgenden Begründung versehen. Die in der Rechtsbelehrung genannte Laufzeit der Frist von zwei Monaten beginnt nicht vor dem 13. Juni 2024. Die Frist wurde eingehalten.

Vertretung und Rechtsbeistand Verzicht auf die mündliche Verhandlung

Die Beschwerdeführer verzichten nach 1 nach § 25 BVerfGG auf die mündliche Verhandlung. Sollte das Gericht darauf bestehen, bitten sie darum, den Beteiligten zu 4.), Dr. Manfred C. Hettlage, nach § 22 Abs. 1 letzter Satz BVerfGG, als Beistand zur Vertretung der Beschwerdeführer einzeln und als Gruppe zuzulassen. Die Vollmacht dazu wird von allen Beschwerdeführern hiermit erteilt.

Die erforderliche Sachkunde kann der Beteiligte zu 4.) durch seine rechtswissenschaftlichen Print- und Online-Beiträge in der Fachliteratur belegen. Vgl. zu den Fundstellen dessen Internetseite: <https://www.manfredhettlage.de/kleine-beitraege-zum-wahlrecht-seit-11-2017/#more-12861>.

Von Gerichts- oder Missbrauchsgebühren und Anwaltskosten sind die sonstigen Beschwerdeführer befreit.

Antrag und Begründung

Der Antrag:

Es wird beantragt, den Bescheid des Deutschen Bundestages v. 13. Juni 2024 unverzüglich aufzuheben, die Begründung in BT-DruckS. 20/11300, Anlage 2, Stn 7 bis 9 zu verwerfen und festzustellen: Die zehn Wagenknecht-Dissidenten haben auf ihre Plätze in den verschiedenen Landeslisten der Partei DIE LINKE, für die sie in verschiedenen Ländern bei der Bundestagswahl v. 26. September 2021 angetreten sind, nicht in der vorgeschriebenen Form verzichtet. Sie sind deshalb keine Gruppenmitglieder im Bündnis Sahra Wagenknecht geworden.

Weiter wird weiter beantragt, dies nicht nur für die 10 Wagenknecht-Dissidenten, sondern auch für 4 von 5 AfD-Dissidenten festzustellen: Uwe Witt, MdB; Matthias Helferich MdB; Johannes Huber, MdB; und Joana Costar, MdB,  haben auf ihre Plätze in den verschieden AfD-Landeslisten ebenfalls nicht in der vorgeschriebenen Form verzichtet und sind deswegen nicht zu Parteilosen geworden.

Der Sachverhalt

Der Deutsche Bundestag hat den Wahleinspruch WP 2157/21 für zulässig, aber unbegründet erklärt und deshalb zurückgewiesen.

Zur allgemeinen Überraschung hat der Bundestag – mit der Begründung seines Bescheids v. 13. Juni 2024, in der BT-DruckS 20/11300, Anlage 2, Seite 8 zweiter Absatz von unten; und Seite 9 erster Absatz von oben – bestätigt: „Die 10 Abgeordneten, die der Gruppe BSW angehören, haben nicht gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 BWG auf die Mitgliedschaft in Deutschen Bundestag verzichtet.“ (S. 8)

Noch deutlicher heißt es zwei Absätze danach: „Im vorliegenden Fall sind die Formvorschriften nicht erfüllt. Keiner der zehn Abgeordneten, die der Gruppe BSW angehören, hat zur Niederschrift der Präsidentin des Deutschen Bundestages den Mandatsverzicht erklärt; der Bundestagspräsidentin ist auch von keinem der zehn Abgeordneten eine notarielle oder bei einem Auslandsvertreter abgegebene Verzichtserklärung abgegeben worden.“ (S. 9)

Damit ist der zugrunde liegende Sachverhalt geklärt: Ein rechtswirksamer Verzicht auf die jeweiligen Listenplätze bei der Partei DIE LINKE liegt nicht vor. Wagenknecht-Dissidenten haben auf ihre Listenplätze in den verschiedenen Landeslisten der Partei DIE LINKE nicht rechtswirksam verzichtet, für die sie bei der Wahl v. 26. September 2021 angetreten sind. Sie sind also Mandatsträger für die Partei DIE LINKE geblieben. Das schließt eine zweite Mitgliedschaft im Bündnis-Sahra-Wagenknecht (BSW) natürlich aus.

Gleichwohl hat der Bundestag die Wagenknecht-Dissidenten rechtsfehlerhaft als parlamentarische Gruppe anerkannt, wohl wissend, dass ein Verzicht auf den Listenplatz bei der Partei DIE LINKE nicht vorliegt. Die Präsidentin des Deutschen Bundestages kann nicht glaubhaft machen, Sie kenne die Wagenknecht-Dissidenten überhaupt nicht, sie habe auch von Sahra Wagenknecht noch nie gehört und wisse deshalb auch nicht, dass sie über eine der Landeslisten für die Partei DIE LINKE in den Bundestag eingezogen sei, was die Mitgliedschaft im Bündnis-Sahra-Wagenknecht (BSW) ausschließt. Sie könne aber mit Sicherheit bestätigen, dass eine gewisse Sahra Wagenknecht, MdB, und neun weitere Wagenknecht-Dissidenten auf ihre Listenplätze bei der Partei DIE LINKE nicht rechtswirksam verzichtet haben, weil sie von der Präsidentin des Bundestages kein Entlassungsschreiben nach § 47 Abs. 1 Nummer 4 BWahlG erhalten haben.

Die Begründung:

Zur weiteren Begründung der Beschwerde darf auf die Veröffentlichung von 18 Autoren herangezogen werden, die am 18. Juni 2024 im Internet veröffentlicht wurde und den Titel trägt: „75 Jahre BWahlG – Streitschrift zum Jubiläum“. Vgl. https://www.manfredhettlage.de/75-jahre-bwahlg-streitschrift-zum-jubilaeum/. Darin heißt es:

(Zitat-Anfang)

„Großes Aufsehen erregte seit Januar 2024 in Presse und Medien das „Bündnis-Sahra-Wagenknecht“ (BSW). Alle zehn Abgeordneten der am Anfang des Jahres neu gegründeten Partei haben an der Bundestagswahl v. 26. September 2021 auf den Landeslisten einer ganz anderen Partei teilgenommen, nämlich auf den Listen der „LINKEN“. Alle zehn haben selbst kein eigenständiges Direktmandat erlangt, auch Sahra Wagenknecht nicht. Über ein Erststimmen-Mandat, das von dem Verzicht auf das Zweitstimmen-Mandat unberührt bleibt, verfügen sie nicht. Alle zehn konnten außerdem nicht Mitglieder der neuen Bündnis-Partei (BSW) werden, ohne zuvor, in der gesetzlich vorgeschriebenen Form, d.h. notariell auf ihren Listenplatz für die der „LINKEN“ zu verzichten.

Durch den rechtswirksamen Verzicht auf ihren Listenplatz bei den LINKEN hätten die 10 BSW-Dissidenten ihre Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verloren. So steht es im Gesetz! Doch die Präsidentin des Deutschen Bundestages, Bärbel Bas, MdB, ignoriert diese Rechtsvorschriften, zu deren Anwendung sie verpflichtet ist: Denn sie teilte den 10 Wagenknecht-Dissidenten offenbar nicht mit, dass sie auf ihr Mandat bei den LINKEN rechtswirksam verzichtet haben und damit aus dem Bundestag unwiderruflich ausgeschieden sind. Weil das Entlassungsschreiben fehlt und für den Verzicht auf das Mandat eine strenge Formpflicht gilt, haben die 10 Wagenknecht-Dissidenten ihren Platz auf der Parteiliste der LINKEN (noch) nicht rechtswirksam verlassen und ihre Mitgliedschaft im Bundestag (noch) nicht verloren.

Hätte das Bündnis am Wahltag des 26. Septembers 2021 schon auf den Stimmzetteln gestanden, wäre die kleine Gruppe mit weit weniger als 5 Prozent aller 598 Mandate natürlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Denn die Wagenknecht-Partei ist noch kleiner als DIE LINKE, die ihrerseits mit 4,9 Prozent aller gültig abgegebenen Zweitstimmen – für die damals noch 39 Mitglieder ihrer Fraktion – selbst schon zu wenig Zweitstimmen erlangt hatte. DIE LINKE ist bekanntlich nur wegen der Verschonung durch die Grundmandats-Regel in das Parlament eingezogen, weil die Speerklausel bei drei vorhandenen Direktmandaten keine Abwendung findet. Gilt hier nicht einmal mehr die Fünf-Prozent-Hürde? Für die 10 Wagenknecht-Dissidenten offenbar nicht. – Was für eine atemberaubende Rechtsbeugung!

Den Ausschlag gibt allerdings, dass für die neue Wagenknecht-Partei bis auf den heutigen Tag niemals irgendjemand irgendeine Zweitstimme abgegeben hat. Denn die Wähler haben bei der Bundestagswahl v. 26. September 2021 nicht das Bündnis-Wagenknecht, sondern eine ganz andere Partei, nämlich die Partei „DIE LINKE“ gewählt. Und diese Wähler der LINKEN wurden im Januar 2024 – ungefragt! – zu BSW-Wählern gemacht. Eine solche Vergewaltigung des Wählerwillens ist so verfassungswidrig, dass Rauch aufsteigt!“ 

(Zitat-Ende)

Der Grundsatz

Der Mandatsverzicht bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit „der Erteilung einer Bestätigung der Verzichtserklärung“ gemäß § 47 Abs. 1 Nummer 4 BWahlG. Fehlt das Entlassungsschreiben, ist der Verzicht auf das Mandat rechtsunwirksam.

Der Fall der zehn Wagenknecht-Dissidenten muss als Präzedenzfall betrachtet werden. Was für sie gilt, muss auch für vier von fünf AfD-Dissidenten gelten, die überhaupt nur deshalb als unechte „Parteilose“ im Bundestag verbleiben können, weil sie auf ihre AfD-Listenplätze nicht rechtswirksam verzichtet haben. Uwe Witt, MdB, Matthias Helferich MdB; Johannes Huber, MdB, und Joana Costar, sind aus ihren Mandaten für die AfD nicht entlassen worden. Wäre es anders, könnten sie gar keine Mitglieder des Bundetages sein

Zur weiteren Begründung darf auch hier auf die einschlägigen Ausführungen in der Veröffentlichung von 18 Autoren verwiesen werden, die seit dem 18. Juni 2024 im Internet zugänglich ist und den Titel trägt: „75 Jahre BWahlG – Streitschrift zum Jubiläum“.

Vgl. https://www.manfredhettlage.de/75-jahre-bwahlg-streitschrift-zum-jubilaeum/.

Dort im Kap. II, 2. Abschnitt: „2. Der Fall Uwe Witt und andere unechte Parteilose“. Darin heißt es unter anderem:

(Zitat-Anfang)

„Das gleiche Zerrbild einer Volksvertretung ergibt sich auch bei vier von fünf Abgeordneten, die ursprünglich auf einer der AfD-Landeslisten in den Bundestag eingezogen sind. Wenn sie auf ihren Listenplatz rechtswirksam verzichtet haben, für den sie am Wahltag angetreten sind, können sie keine Mitglieder des Bundestages bleiben. Sie sind also entweder Mitglieder der AfD geblieben, weil der Mandatsverzicht nicht rechtswirksam war, oder sie sind umgekehrt keine Mitglieder des Bundestages mehr, weil sie auf ihren Listenplatz rechtswirksam verzichtet haben. Ein Drittes gibt es nicht.“ (Zitat-Ende)

Die Anlage

Vier Blätter: Bescheid v.13. Juni 2024, WP 2157/21 (eine Seite). samt Begründung mit BT-DruckS. 20/11300, Anlage 2, S. 7 bis 9 (drei Seiten).

Beschwerdeführer sind die Damen und Herren, die bereits am Wahleinspruch WP 2158/21 beteiligt waren: 1.) Dr. Wolfgang Goldmann; 2.) Dr. Robert Mertel; 3.) Joachim Kampka; 4.) Dr. Manfred C. Hettlage, (Gruppenbevollmächtigter) 5.) Dr. Ursula Offergeld-Hettage; 6.) Gero von Braunmühl; 7.) Dr. Annelie Grasbon; 8.) Dr. Winfried Grasbon; 9.) Dr. Felix Grasbon; 10.) Heinz Dalen; 11.) Dr. Ludwig Römhild; 12.) Dr. Dora Römhild; 13.) Dr. Hannes Römhild; 14.) Dr. Michael Römhild; 15.) Dr. Anton Fischer; 16.) Dominic Grasbon;

Die Beschwerdeführer verzichten auf eine mündliche Verhandlung, stellen trotz Dringlichkeit keine Eilantrag, bitten aber um eine zügige Entscheidung, die der grundsätzlichen Bedeutung ihres Antrags und seinen Folgen Rechnung trägt.

Die Unterschriften

Fehlende Unterschriften werden nachgereicht, wenn das Aktenzeichen vorliegt.

KlageBVerfGSahra.doxs; 1870 Wörter

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