Der Leerstand im Wahlkreis Nr. 242/Erlangen

Von:  Dr. Manfred C. Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München

An das Bundesverfassungsgericht Zweiter Senat Schlossbezirk 3,   76131 Karlsruhe

Es gilt das Datum der Zustellung im Dez. 2024)

(Aktenzeichen: ……….. )

Der Leerstand im Wahlkreis Nr. 242/Erlangen ist ungesetzlich und verfassungswidrig

Verfassungsbeschwerde

gegen den Beschluss des Bundestages v. 5. Dez. 2024 (Az. WP 2159/21)

Die beteiligten Antragsteller haben den ungesetzlichen und verfassungswidrigen Leerstand im Wahlkreis Nr. 242/Erlangen, der nach dem Ausscheiden von Stefan Müller aus dem Deutschen Bundestag am 1. Juni 2024 entstanden ist, im Wahlprüfungsverfahren gerügt und den Bescheid erhalten, der Wahleinspruch sei unzulässig. Dagegen legen die Antragsteller nach Art. 41 Abs. 2 GG Verfassungsbeschwerde ein.

DIE BETEILIGTEN

1.) Dr. Wolfgang Goldmann, Zuccalistr 25, 80639 München; 2.) Dr. Robert Mertel, Kindermannstr. 1, 80637 München; 3.) Joachim Kampka, Nürnberger Str. 24, 80637 München; 4.) Dr. Manfred C. Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München; (designierter Gruppenbevollmächtigter im Sinne des § 21 Abs. 1 BVerfGG); 5.) Dr. Ursula Offergeld-Hettlage, Nibelungenstr. 22, 80639 München; 6.) Gero von Braunmühl, Taxisstr. 25, 80637 München; 17.) Dr. Anton Fischer. Fritz-Lutz-Str. 10, 81929 München.

DIE REGULARIEN

Zuständigkeit und Zulässigkeit

Die Wahlprüfung ist ein garantiertes Grundrecht. Sie ist an den Deutsche Bundestag zu richten. Die Beanstandung der personellen Fehlbesetzung des Bundestags nach der Wahl v. 26. September 2021 ist somit zulässig. Das geht aus Art. 41 Absatz 1 GG hervor. Gegen die Entscheidung des Bundestages ist nach Art. 41 Abs. 2 GG die Beschwerde an das BVerfG zulässig. Das BVerfG ist zuständig.

Einspruchsbefähigung

Alle Beteiligten sind natürliche Personen und haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Als solche sind sie durch das Grundgesetz geschützt, zur Anfechtung der Wahl samt Beschwerde befähigt.

Einspruchsgegenstand

Gegenstand des Verfahrens ist die Bundestagswahl vom 26. September 2021. Die Wahlbeanstandung richtet sich im vorliegenden Fall gegen den ungesetzlichen und verfassungswidrigen Leerstand im Wahlkreis Nr. 242/Erlangen. Der Leerstand ist mandatsrelevant. Es handelt sich also um eine Wahlstreitigkeit im Sinne des Art. 41 GG.

Eigene Betroffenheit

Die Einspruchsführer waren im Wählerverzeichnis eingetragen und somit berechtigt, an der Bundestagswahl v. 26. September 2021 teilzunehmen. Als Wahlberechtigte sind sie selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Rechten verletzt, die ihnen in Gesetz und Grundgesetz garantiert werden.

Form und Frist

Der nachstehende Antrag liegt in Schriftform vor und ist mit der substantiierten Begründung versehen. Die vorgeschriebene Frist für die Beschwerde wurde eingehalten.

Gruppenvollmacht und Rechtsbeistand

Der zugrundeliegende Sachverhalt ist leicht zu durchschauen. Die Beteiligten sind deshalb mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden. Sie verzichten also auf eine mündliche Verhandlung und benötigen deshalb keinen Rechtsbeistand.

Sollte das Gericht eine mündliche Verhandlung anordnen, nominieren die Beteiligten Dr. Manfred C. Hettlage zum Gruppenbevollmächtigten, und beantragen seine Bestellung durch das Gericht nach § 22 Abs.1, letzter Satz BVerfGG und

bevollmächtigen

ihn hiermit vorsorglich zur Vertretung im gegenständlichen Verfahren, (Stichwort: Leerstand Erlangen).

Der Schriftsatz-Urheber und Beteilige zu 4.), Hettlage, hat in namhaften Fachzeitschriften und politischen Magazinen, zahlreiche Print- wie Online-Beiträge verfasst und mehrere Bücher zum Wahlrecht veröffentlicht. Zu den Fundstellen vgl.: https://www.manfredhettlage.de/kleine-beitraege-zum-wahlrecht-seit-11-2017/.

Gerichtsgebühren und Anwaltskosten fallen für die sonstigen Beteiligten nicht an. Sie trägt der Beteiligte zu 4.) alleine.

DER ANTRAG

Die oben benannten Beteiligten beantragen die Aufhebung des Bescheides WP 2159/21 v. 5. Dez. 2024 und beantragen die Entscheidung in Sache: der am 1. Juni 2024 im Wahlkreis Nr. 242/Erlangen entstandene Leerstand ist nicht nur dort, sondern grundsätzlich ohne Verzug durch Nachwahl mit den Erstimmen zu beenden. Entgegenstehende Vorschriften verlieren ihre Gesetzeskraft.

DIE BEGRÜNDUNG

Bei Wahlprüfungen nach Art. 41 GG wird der Deutsche Bundestag regelmäßig zum Richter in eigener Sache. Das widerspricht dem auf Ulpian zurückgehenden Rechtsgrundsatz: „nemo judex in sua causa“. In diesem Licht muss die Entscheidung gesehen werden, dass der Bundestag die Wahlbeanstandung WP 2159/21 für unzulässig erklärt, im Anschluss daran aber zulässt, und damit Unzulässigkeit gegenstandslos wird. Allgemeine Rechtsauffassung.

Vorab weisen die Beschwerdeführer außerdem auf den Präzedenzfall im Wahlkreis 229/Passau hin (vgl. 2 BvC 5/24). Dazu ist von den oben genannten Beteiligten beim Bundestag bereits ein Verfahren zur Überprüfung der Wahl nach Art. 41 GG anhängig gemacht und entschieden worden. Der Bundestag hat diesen Wahleinspruch mit Bescheid v. 13. Juni 2024, WP 2158/21, für unzulässig erklärt und zurückgewiesen. (Vgl. dazu auch BT-DruckS 20/11300, Anlage 3 S. 11.) Dagegen haben die Verfahrensbeteiligten beim BVerfG bereits Verfassungsbeschwerde nach Art. 41 Abs. 2 GG eingelegt und das Aktenzeichen 2 BvC 5/24 erhalten. Der Wahlkreis 242/Erlangen ist seit dem 1. Juni 2024 vakant. Eine Nachbesetzung für das Direktmandat fand nicht statt, mit den Zweitstimmen nicht und schon gar nicht mit den Erststimmen. (Vgl. „Ausgeschiedene Abgeordnete“: https://www.bundestag.de/abgeordnete/ausgeschiedene-abgeordnete-inhalt-874188 .)

Leerstände bis zum Ende der Legislaturperiode sind bei allen 299 Direktmandaten erstens gesetzwidrig, zweitens verfassungswidrig, drittens undemokratisch und deshalb durch eine Nachwahl mit den Erststimmen unverzüglich zu beenden. Das gilt nicht nur für die beiden bayerischen Wahlkreise 242/Erlangen und 229/Passau, sondern grundsätzlich. Betroffen sind z.B. auch die Wahlkreise 284/Offenburg, 297/Saarlouis und 042/Hannover-Stadt etc. Nicht nur in Erlangen und Passau, sondern auch in Offenburg, Saarlouis und Hannover-Stadt handelte es sich um sog. „Überhänge“, bei denen. Gleiches völlig ungleich geregelt wurde.

1. Einfachrechtliche Gründe

Wie in allen 299 Wahlkreisen dürfen auch die Staatsbürger aus Erlangen ihrer Erststimme nicht beraubt werden. Dafür gibt es drei gesetzliche Anspruchsgrundlagen im einfachrechtlichen BWahlG v. 14. November 2020 (BGBl. I S 2395):

1.) „Von den Abgeordneten werden 299 (…) in den Wahlkreisen (…) gewählt.“ (Vgl. § 1 Abs. 2 BWahlG) – Im Wahlkreis 242/Erlangen ist das nicht der Fall!

2.) „Jeder Wähler hat (…) eine Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten (…).“ (Vgl. § 4 BWahlG). – Im Wahlkreis 242/Erlangen ist das nicht der Fall!

3.) „In jedem Wahlkreis wird ein Abgeordneter gewählt. Gewählt ist der Bewerber, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt.“ (Vgl. § 5 BWahlG). – Im Wahlkreis 242/Erlangen ist das nicht der Fall!

Die Wähler haben auch in Erlangen nicht Anspruch auf einen leerstehenden Wahlkreis. Wie alle Wähler haben auch sie Anspruch auf einen von ihnen direkt gewählten Mitbürger. Den Erlangern steht einer von 299 Volksvertretern zu, der in Erlangen beheimatet ist und innerhalb der Grenzen des heimatlichen Wahlkreises (Nr. 242) von den in Erlangen ansässigen Wahlberechtigten die meisten Erststimmen erhalten hat (unmittelbare Personenwahl). Wird ein Wahlkreis vakant, wird überall auf der Welt nachgewählt. In Erlangen nicht! Das verletzt das vernünftige Rechtsempfinden der gewöhnlich anzutreffenden Wählerschaft.

Entgegenstehende Vorschriften des BWahlG, insbesondere die Abweichungen nach § 1 Abs. 1 und § 6 Abs. 5 und 6 BWahlG, und § 48 Abs. 1 Satz 2 BWahlG, die im BWahlG – leider – anzutreffen sind, müssen nach den anerkannten Auslegungsregeln für den Fall einer bestehenden Gesetzeskonkurrenz geprüft, gegeneinander abgewogen und ausgeurteilt werden.

2. Verfassungsrechtliche Gründe

Der Wahlkreis Nr. 242/Erlangen wurde am 1. Juni vakant und soll „de lege lata“ bis zum Ende der Le-gislaturperiode auch vakant bleiben. Das verletzt die Verfassungsnormen erstens der Volkssouveränität, zweitens der Bundesstaatlichkeit, drittens des Willkürverbots, und es verletzt viertens auch den Grundsatz der gleichen Wahl.

Die Volkssouveränität

Die Urheber der Verfassung haben in Art. 20 Abs. 2 klar und eindeutig festgehalten: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus und wird vom Volke in Wahlen (…) ausgeübt.“

Die Herrschaft des Volkes über das Volk wird allgemein als Volkssouveränität oder Volksherrschaft bezeichnet. Das Volk stimmt über die Männer und Frauen ab, die es im Deutschen Bundestag bei der parlamentarischen Bildung des Volkswillens vertreten sollen. Die Wähler in Erlangen werden an der Ausübung dieses elementaren Grundrechts gehindert. Sie können den Leerstand in ihrem Heimat-Wahlkreis Nr. 242/Erlangen nicht durch eine örtliche Nachwahl mit den Erststimmen beenden. Denn sie werden überhaupt nicht zu den Wahlurnen gerufen. Sie können nicht über die Nachfolge in die Volksvertretung abstimmen. Der Wahlkreis Erlangen bleibt „contra legem“ bis zum Ende der Legislaturperiode unbesetzt. In allen anderen Fällen wird das Direktmandat ohne zwingenden Grund durch einen Listenplatz ausgetauscht.

Den Staatbürgen aus Erlangen wird die ihnen verbürgte Teilhabe an der Volksherrschaft verwehrt. Das Wahlvolk im Stimmkreis 242/Erlangen ist von der Findung des Volkswillens grundrechtswidrig ausgeschlossen. Der Bundestag kann durch Beschluss des Plenums Abhilfe schaffen und er muss durch Beschluss des Plenums Abhilfe schaffen. Das tut er aber nicht und muss dazu gezwungen werden.

Die Bundesstaatlichkeit

Der Freistaat Bayern hat ohne Wenn und Aber Anspruch auf 46 der insgesamt 299 Direktmandate. Denn: „(…) Deutschland ist ein (…) Bundesstaat“. Das ergibt sich Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz.

Die Eigenständigkeit der 16 Länder wird in Art. 20 Abs. 1 GG garantiert. Danach sind sie im Verhältnis ihrer Bevölkerungsanteile an der Besetzung des gemeinsamen Parlaments zu beteiligen. So kommen zum Beispiel 4 direkt gewählte Mitglieder des Bundestages aus dem Saarland, 46 Wahlkreis-Sieger sind Bayern und 64 Volksvertreter mit Direktmandat stammen aus NRW; usw. Die 16 vorgegebenen Landes-Sitzkontingente bei den Direktmandaten sind einzuhalten. Das geschieht aber nicht.

Am Faschings-Sonntag, den 11. Februar 2024, hat schon das Bundesland Berlin einen Listenplatz verloren. In Berlin stört das offenbar niemand. (Vgl. die Wahlprüfung, Az. WP 2/24 und 2 BvC 4/24) Am 1. April 2024 folgte der Freistaat Bayern, der im Wahlkreis 229/Passau diesmal ein Direktmandat im Bundestag verloren hat (vgl. 2 BvC 4/24). Am 1. Juni trat ein weiterer Mandatsverlust im Wahlkreis 242/Erlangen hinzu. In allen drei Fällen geht der Länderproporz bei den Landes-Sitzkontingenten im Deutschen Bundestag zu Bruch. Das verletzt das grundrechtlich geschützte Prinzip der Bundesstaatlichkeit. Diese Verletzung der Verfassung muss vom Plenum des Bundestags geheilt werden. Das ist aber nicht der Fall.

Das Willkürverbot

„Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden.“ Aus der Verfassungsnorm des Art 20. Abs. 3 GG leitet sich das Verbot staatlicher Willkür ab.

Das Wahlvolk wird in Erlangen um sein Direktmandat beraubt, das auch den Bürgern von Erlangen nach § 2 Abs. 2 (Anlage 2) BWahlG zusteht. Allein das verstößt schon gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot des Art. 20 Abs. 3 GG.

Am 26.12.2023 ist Wolfgang Schäuble verstorben. Er war im Wahlkreis Nr. 284/Offenburg direkt in den Bundestag gewählt worden. Der Stimmkreis liegt in Baden-Württemberg. Für Wolfgang Schäuble ist Stefan Kaufmann von der Landesliste der CDU nachgerückt. Anders in Bayern. Dort ist Stefan Müller ist aus dem Bundestag ausgeschiedenen. In seinem Wahlkreis Nr. 242/Erlangen rückt niemand nach und soll bis zum Ende der Legislaturperiode auch niemand mehr nachrücken. (Vgl. https://www.bundestag.de/abgeordnete/ausgeschiedene-abgeordnete-inhalt-874188 .)

Diese offensichtliche Willkür muss durch Plenarbeschluss des Bundestages ist durch den Bundestag beseitigt nicht worden. werden. Eine zwingende Notwendigkeit, im Januar 2024 in Offenburg ganz anders zu verfahren als im Juni 2024 in Erlangern, lässt sich nicht erkennen und nicht vorbringen.

Die Ungleiche Wahl

Gleiches darf nicht ungleich behandelt werden: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Vgl. Art. 3 Abs. 1 GG. Und weiter: „Die Abgeordneten (…) werden in (…) gleicher Wahl (…) gewählt.“ Auch das steht so in Art. 38 Abs. 1 Grundgesetz.

Seit dem Wahltag des 26. September 2021 sind 12 direkt gewählte Abgeordnete aus dem Bundestag ausgeschieden und mit Listen-Anwärtern nachbesetzt worden. Die Gesamtzahl der besetzten Wahlkreise sank daher von 299 auf 286 ab. In 10 von 12 Fällen ist ein Anwärter aus den Landeslisten der betroffenen Landesparteien nachgerückt, nicht so in Erlangen und nicht so auch in Passau. Eine völlig willkürliche Benachteiligung Bayerns beim Verhältnisausgleich! Das verletzt die gebotene Gleichbehandlung der Wähler in Offenburg, Erlangen und Passau. Die unverrückbare Verfassungsnorm der gleichen Wahl wird allen Wählern in Art 38 GG ausdrücklich garantiert wird.

DIE ANLAGE

Bescheid des Deutschen Bundestages v. 5. Dez. 2024 (ein Blatt); und Bundestags-Drucksache. 20/13500, Anlage 28 (zwei Blatt).

DIE UNTERSCHRIFTEN

1.) Dr. Wolfgang Goldmann; 2.) Dr. Robert Mertel; 3.) Joachim Kampka; 4.) Dr. Manfred C. Hettlage, (Gruppenbevollmächtigter); 5.) Dr. Ursula Offergeld-Hettlage; 6.) Gero von Braunmühl, 17.) Dr. Anton Fischer.

(Fehlende Unterschriften werden nach der Erteilung des Aktenzeichens nachgereicht.)

KlageBVerfElangen.docx

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