Bürgereingabe

Eingabe an den Präsidenten des Deutschen Bundes­tages,

 – nach § 2 Abs. 2 und Abs. 4 Wahlprüfungsgesetz gegen die ihm in amtlicher Eigenschaft bekannt gewordenen Umstände, die einen Wahlmangel begründen können, Einspruch einzulegen,

 – sei es durch Beitritt zu dem Wahleinspruch von Axel Schlicher und anderen,

 – sei es durch einen eigenen Wahleinspruch des Bundestagspräsidenten

 

Sehr geehrter Herr Präsident des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble,

Sie haben in der „Bild am Sonntag „ v. 3.10.2017 bedauert, „dass der Bundestag zu groß geworden ist“. Als Präsident des Hohen Hauses haben Sie nach § 2 Abs. 2 und Abs. 4 Wahlprüfungsgesetz das Recht dagegen einzuschreiten.

Es ist unerträglich, dass es so lange nach der Wahl noch immer keinen im Bundestag gewählten Wahl­prüfungs-Ausschuss gibt. Wir finden, dass der Wahlprüfungsausschuss in der konstituierenden Sit­zung des Bundestags gewählt werden sollte. Unerträglich ist es auch, dass die knapp bemessene Ein­spruchsfrist gegen die Gültigkeit der Wahl mit dem Tag der Wahl am 24.9.2017 zu laufen beginnt, ob­wohl das endgültige amtliche Wahlergebnis erst am 10. Oktober 2017 vorlag.

Die Staatsbürger stört es außerdem gewaltig, dass es für das abstoßende Koalitionsgeschacher keine Frist gibt, die dem grausamen Spiel ein Ende setzt. Die Staatsbürger wollen keinen verlängerten Wahl­kampf bei den Koalitionsverhandlungen. Die Bürger wollen, dass der Herr Bundespräsident dem Bun­destag am Tage der konstituierenden Versammlung seinen Vorschlag zur Wahl des Bundeskanzlers unterbreitet. Auch sollte der Bundestag über die Koalitionsvereinbarungen abstimmen.

Die Staatsbürger haben kein Verständnis dafür, dass der Bundestag 709 Mitglieder zählt, obwohl regu­lär nur 598 Plätze zur Verfügung stehen. Sie lehnen es ab, dass sie als Steuerzahler 111 Abgeordnete alimentieren müssen, die sich – wie in eine überfüllte U-Bahn – in das Parlament hineindrängen. Sie lehnen es auch ab, dass die Soll-Zahl der Mitglieder des Bundestages in 19 Bundestagswahlen 15mal von den Ist-Zahlen, in mehreren Fällen zweistellig und 2017 dann sogar dreistellig überschritten wur­de. Sie lehnen es auch ab, dass es in 19 Legislaturperioden 22 Wahlrechts-Änderungsgesetze gab, das Wahlrecht dreimal vor dem Verfassungsgericht zu Fall kommen musste – 1998, 2008 und 2012 – und die offen zu Tage liegenden Missstände trotzdem niemals wirklich korrigiert wurden. Dazu war Zeit und Gelegenheit genug.

Es kommt nicht darauf an, die offensichtlichen Mängel des geltenden Wahlrechts gegenüber der Pres­se zu beklagen und dann zur Tagesordnung überzugehen. Es kommt darauf an, sie zu beseitigen. Über Sie in ihrer herausgehobenen Stellung kann man nicht einfach hinweggehen wie über den gewöhn­lichen Staatsbürger auf der Straße, der in ohnmächtigen Zorn darüber gerät, weil im Bundestag 111 Abgeordnete sitzen und den Kanzler wählen, obwohl sie dort ganz offensichtlich nicht hingehören.

Der Präsident des Bundestages kann lt. § 2 Abs. 2 Wahlprüfungsgesetz Einspruch gegen die Bundes­tagswahl einlegen. Wir fordern Sie daher auf, dem Wahleinspruch von Axel Schlicher und anderen fristgemäß vor dem 24.11.2017 in amtlicher Eigenschaft beizutreten, nachdem Sie ihn zur Kenntnis genommen und die darin aufgezeigten Wahlmängel staatsrechtlich bewertet haben. Unabhängig davon ob Sie selbst beitreten, fordern wir Sie auf, das Verfahren zu beschleunigen, indem Sie die Abstim­mung im Plenum terminieren und den Parlamentariern nicht gestatten, die Sache uferlos in die Länge zu ziehen.

Werden dem Bundestagspräsidenten „in amtlicher Eigenschaft Umstände bekannt, die einen Wahl­mangel begründen könnten,“ kann er nach § 2 Abs. 4 Wahlprüfungsgesetz auch von sich mit einem eigenständigen Wahleinspruch tätig zu werden. Das Wahlprüfungsgesetz setzt dem Einspruch des Bundestagspräsidenten für diesen Fall eine Frist von einem Monat nach Bekanntwerden des Wahl­mangels. Die Frist endet demnach am 22. Dezember 2017.

Wir bitten Sie höflich darum, unsere Eingabe wohlwollend zu würdigen, den Wahleinspruch von Axel Schlicher und anderen zu prüfen, das Wahlvolk, dass Sie in das hohe Staatsamt gebracht hat, nicht zu enttäuschen und den Rechtsweg auszuschöpfen, der dem Präsidenten des Bundestages vorbehalten ist. Wir wünschen Ihnen eine erfolgreiche Amtszeit, insbesondere was die dringende gebotene Erneue­rung des Wahlrechts betrifft, die Sie öffentlich gefordert haben. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir diese öffentliche Eingabe auch der am Wahlrecht interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen. Wir verfolgen mit gesteigertem Interesse, was Sie jetzt tun werden und wie der parlamentarische Ge­setzgeber auf die Schritte reagiert, die Sie auf dem Rechtsweg einschlagen werden.

Gezeichnet: Axel Schlicher, und Marena Bowden, i.A. Dr. Manfred C. Hettlage, Gruppenbeauftragter

Anlage: Wahleinspruch

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