An die Herausgeber der Franfurter Allgemeinen
Der Artikel von Tim Niendorf, FAZ. 23.8.: „Platz eins ist nicht genug“, kann nicht unwidersprochen bleiben. Die typisch deutsche Doppelwahl ist ein völlig überfrachtetes Konstrukt. Der Geburtsfehler der Bundesrepublik Deutschland ist die Wahl mit zwei Stimmen. Wer zweimal wählt, kann beide Stimmen gegeneinander richten. Das tun etwa 5,4 Millionen sog. „Splitting-Wähler“. Nach geltendem Recht ist die Stimme ungültig, wenn sich der Wille des Wählers nicht zweifelsfrei erkennen lässt. – Nicht so hierzulande!
Wer zweimal wählt, wählt einmal zu viel. Aus der Geschichte der modernen Demokratie ist der Satz: „one man one vote“ – pro Kopf eine Stimme – nicht wegzudenken. Das Verbot: „ne bis idem“ (zu deutsch: nicht zweimal in der gleichen Sache) geht sogar bis auf das römische Recht zurück und sollte vor allem eine doppelte Bestrafung für die gleiche Straftat verhindern. Doppelstrafen, Doppelwahlen, Doppelleben, Bigamie etc.: alles Missstände mit den gleichen Wurzeln.
Es geht um die widerspruchsfreie Willenserklärung der Wähler. Diese kennzeichnen auf amtlichen Stimmzettel den Namen der Männer und Frauen, die sie bei den parlamentarischen Entscheidungen im Bundestag vertreten sollen (Personen-Auswahl). Eine Stimme ist genug. Und gewählt ist, wer in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen hinter sich vereinigen kann Die einfache Mehrheit genügt. Bei Wahlverlierern trifft „KO-System“ natürlich nicht auf Gegrnliebe, ist aber in Großbritannien schon seit 1429 in Gebrauch und wurde 2011 sogar in einer Volksabstimmung mit breiter Zustimmung bekräftigt. Auch bei Fußball-Endspielen und beim Lotto gilt problemlos: „The winner takes all“.
Eigentlich müsste die SPD vor Neid erblassen. Dort regiert inzwischen die Labour-Party mit Keir Starmer an der Spitze das Land … und zwar ganz alleine, also ohne Koalitionspartner!
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